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Der Mönch und die Hexe

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Erschienen am 19.08.2004
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783570128091
Sprache: Deutsch
Umfang: 384 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 22 x 14.5 cm
Lesealter: 12-99 J.
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Das Deutsche Reich, 1215: Während man in Aachen die Krönung Friedrichs II. vorbereitet, flieht der junge Novize Heinrich aus dem Benediktinerkloster bei Dresden. Er hat Abt Severin eines ungeheuerlichen Verbrechens beschuldigt - und will die Beweise dem aufstrebenden jungen König übergeben. Doch Severin durchschaut Heinrichs Plan und sendet seine Häscher aus. Lange Zeit gelingt es Heinrich, sie an der Nase herumzuführen. Ein Kräutermädchen hat sich ihm angeschlossen, und sie weiß, wie man sich durchschlägt, versteckt und entkommt. Doch das ungleiche Paar erregt Aufsehen. Der Mönch und die Hexe, tuschelt das Volk und führt einen umbarmherzigen Jäger auf ihre Spur: Oculus Dei, das Auge Gottes, ein Inquisitor, der Severin treu ergeben ist.

Autorenportrait

Miriam Margraf, Jahrgang 1964, wurde in Halle/Saale geboren. Sie studierte zunächst Schauspiel in Berlin, nahm an mehreren Theater-, Film und Hörspielproduktionen teil und arbeitete für Presse und Rundfunk als Musikkritikerin und Reporterin. 1984 legte si

Leseprobe

Eine Raubvogelnase, schmal und gebogen, zwischen eng stehenden Augen. Ein scharf geschnittener Mund, kantiges Kinn. Das ist längst kein Kindergesicht mehr, auch wenn der blonde Flaum auf der Oberlippe noch keine Rasur erfordert. Zudem hat er einen kühnen Schmiss im Gesicht, eine dunkelrote Narbe zieht sich vom rechten Jochbein bis zur Oberlippe. Das Gesicht eines jungen Kriegers. Ganz bestimmt nicht das eines Mönches. Bruder Berthold, der Bibliothekar, betrachtet ihn schon eine ganze Weile. Der ist so vertieft in seine Lektüre, dass er gar nicht merkt, wie er beobachtet wird. Gut, denkt Berthold. Gut, dass wenigstens die Bücher und das Schreiben, das Malen von Initialen und Kopieren von alten Pergamenten diesem Jungen Trost und Ablenkung geben. »Du solltest dich bereitmachen zur None, Bruder Chrysostomus!«, sagt er sanft. Der Kopf des Novizen fährt empor. »Ich kann selbst auf das Stundenglas achten und nenn mich nicht Chrysostomus«, erwidert er schroff. »Das ist nun mal dein Name hier im Kloster Mariä Heimsuchung!« »Chrysostomus, ja! Den haben sie mir verpasst, ebenso wie die alberne Tonsur, mit der jeder aussieht wie ein Sechzigjähriger!« Berthold sieht ihn an. Er weiß, diesem Jungen steht ein schwerer Weg bevor im Kloster. Es gab schon Wochen und Monate, wo er sich besser in dies stille und eintönige Leben mit seinen strengen Regeln zu fügen wusste. Aber jetzt. Berthold kann sich vorstellen, wie es in ihm aussieht. Vor vier Tagen hat es einen Besuch gegeben. Der Vater dieses jungen Ordensbruders, Kuno von Hartenfels, war hergekommen, um mit dem Abt wichtige Dinge zu besprechen und seinen Sohn zu sehen. In dieser Reihenfolge! Berthold sieht: Der Junge ballt die Fäuste, versucht, sich zu beherrschen. »Bruder Berthold, kannst du mich nicht - kannst du mich nicht noch einen Augenblick in Ruhe lassen?« Er blickt ihn an, beißt sich auf die Lippen. Berthold zuckt die Achseln, zieht sich an sein Schreibpult zurück. Der junge Mönch steht auf und tritt ans Fenster. Irgendwo da hinten liegt Hartenfels! Irgendwo da nennt man ihn nicht Chrysostomus, sondern Heinrich, und er müsste nicht demütig den Blick senken, wenn ihn jemand anspricht, sondern wäre der Junker, der Sohn eines Ritters, frei wie ein Vogel und glücklich an der Seite seines Zwillingsbruders. Warum haben sie ihn hierher geschickt, warum musste er derjenige sein von den Zwillingen, der um Minuten später zur Welt kam? Sein Schicksal, besiegelt in den wenigen Augenblicken, in denen seine Mutter Atem schöpfte. Philipp hatte das Licht der Welt bereits erblickt, war der Erstgeborene. Der Zweite muss zurückstehen. Manchmal stellt er sich vor, dass er gar nicht Heinrich ist, sondern Philipp. Dass die Amme die beiden Knaben verwechselt hat, eines Tages, nachdem sie nackt im Garten herumgekrabbelt waren. Sie glichen sich ja wie ein Ei dem anderen. Heinrich-Philipp, Philipp-Heinrich. Aber diesen Heinrich gab es nicht mehr, er ist nun Bruder Chrysostomus. Die Bibliothek befindet sich im Dachgeschoss des Klostergebäudes. Von hier aus hat man einen Blick über das weite, hügelige Land, die fruchtbaren Ebenen zwischen Elbe und Gebirge, hinter dieser Erhöhung liegt Meißen, die große, lebensfrohe Stadt. Es ist Frühling da draußen. Die Birken, Buchen, Fichten, Eichen, das saftige Gras der Wiesen, das sprießende Getreide, alles hat einen anderen Grünton, ein Choral aus Grün! Jetzt auf einem Pferd über die Flur jagen, zusammen mit Philipp, seinem lachenden Spiegelbild! Immer ist Heinrich der Ernstere, immer ist er es, dem etwas zustößt. Er ist es, dessen Pferd strauchelt, sodass er stürzt und sich den Arm bricht. Er ist es, der beim Schwertkampf die Deckung preisgibt und von Philipps Waffe im Gesicht getroffen wird. Manchmal betrachtet er wehmütig die Narbe an seiner Wange. - Philipp. Felix hätte sein Bruder heißen sollen, Felix, der Glückliche, der Erstgeborene, Erbe und zukünftiger Herr auf Burg Hartenfels. Manchmal versucht Heinri Leseprobe

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