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Wie Traumata in die nächste Generation wirken

Untersuchungen, Erfahrungen, therapeutische Hilfen, Fachbücher therapie kreativ 11

Erschienen am 05.12.2012
18,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783934933330
Sprache: Deutsch
Umfang: 200 S.
Format (T/L/B): 1.5 x 24 x 17 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Traumatisierte Menschen haben oft alle psychische Kraft dazu verwendet, ihre Erfahrungen, Kriegstraumata und sexuelle Gewalterfahrungen, in sich einzukapseln und vor sich und den anderen zu verstecken - und sie schweigen. Oder sie wollen andere nicht belasten - und sie schweigen. Eltern werden so gegenüber ihren Kindern zu Botschaftern des Schweigens. Auch wenn dies menschliche und verständliche, oftmals fürsorgliche Bewältigungsstrategien des Schreckens sind, so sorgt gerade das Schweigen dafür, dass die Traumata an die nächsten Generationen mit nachhaltigen Folgen weitergegeben werden.

Autorenportrait

Udo Baer,Dr. phil., Dipl. Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut, Gesamtausbildungsleiter der therapeutischen Aus- und Fortbildungslehrgänge, Mitbegründer und wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ. Zahlreiche Veröffentlichungen. Herausgeber der Zeitschrift therapie kreativ. Langjährige therapeutische Praxis.Gabriele Frick-Baer, Dr. phil., Diplom-Pädagogin, Kreative Leibtherapeutin (HPG), Kreative Traumatherapeutin. Langjährige Erfahrungen in der Jugendarbeit, der Erwachsenenbildung, Verbandsarbeit und Leitung eines Frauenaufnahme- und -wohnheims und eines Gesundheitszentrums.Mitbegrünerin der Zukunftswerkstatt Tanz, Musik und Gestaltung, heute Zukunftswerkstatt therapie kreativ. Redakteurin der Zeitschrift therapie kreativ.

Leseprobe

Von der Erschütterung und Neugier zum Forschungsprojekt Ella D. ihr Name ist wie alle anderen in diesem Buch verändert zeigte alle Symptome eines Posttraumatischen Stresssyndroms. Sie wurde von Bildern sexueller Gewalt heimgesucht, sie begegnete sich und ihrer Welt mit hoher Anspannung und dauerhaft erhöhter Erregung, sie war ängstlich und wagte kaum, ihren eigenen Gefühlen zu lauschen, geschweige denn, sie zu zeigen, und vermied Situationen, vor und in denen sie Angst hatte oder das Aufkommen von Angst befürchtete. Während einer Verhaltenstherapie probierte sie zahlreiche Verhaltensänderungen aus, meisterte manche Alltagssituationen besser, scheiterte aber in der Bewältigung ihrer als existenziell erlebten inneren Ängste. Diese Ängste und die Anspannung blieben oder kehrten nach kurzer Zeit wieder zurück und hatten bedeutsame Auswirkungen auf ihr Leben. Innerhalb einer leiborientierten tiefenpsychologisch fundierten Therapie fand sie den für sie geeigneten Rahmen und Boden, ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbstsicherheit zu entwickeln und zu erhöhen und ihre Grundspannung zu vermindern. Aber auch wenn es ihr besser ging: Die alten Bilder kamen immer wieder und die Ängste lauerten weiterhin zumindest unter der Oberfläche. Sie und ihre Therapeutin gingen gemeinsam auf die Suche, ob eine Erfahrung sexueller Gewalt vorlag, so offensichtlich waren die Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung, also einer chronifizierten Folge einer traumatischen Erfahrung. Doch sie gingen mit ihrer Suche ins Leere, es fanden sich keine Hinweise auf eine biografische Quelle der Phänomene, unter denen Ella D. litt. Die Therapie stockte. Die Klientin war Mitte der 1950er Jahre geboren worden. Dass der Vater als Jugendlicher am Ende des Zweiten Weltkriegs eingezogen wurde und als Flakhelfer aktiv war, hatte die Klientin erzählt, von der Biografie der Mutter allerdings kaum etwas. Die Therapeutin bat Ella D., ihre Mutter zu fragen, was sie im Krieg und in der Zeit danach erlebt hätte. In die nächste Therapiestunde kam Ella D. sehr aufgeregt und erzählte: "Meine Mutter war im Krieg ja ein junges Mädchen und hat sich vor allem auf dem Land bei Verwandten aufgehalten, so dass sie von den Bomben und so nichts mitbekommen hat. Dass ist das, was ich bisher als offizielle Version aus dem Leben meiner Mutter wusste, das ist das, was bei uns zu Hause erzählt wurde. Doch als ich jetzt meine Mutter fragte und sie ganz dringlich gebeten habe, mir von sich zu erzählen, wurde sie kreidebleich und erzählte mir irgendwann, nachdem ich noch ein paar Mal nachgefragt habe, dass sie 1946 vergewaltigt worden ist. Damals war sie 14 und ich glaube, das hat sie nie überwunden. Mit 19 ist sie dann noch einmal in eine Situation gekommen, wo sie kurz vor einer Vergewaltigung stand oder zumindest glaubte, dass es so wäre. Ich glaube, das steckt ihr noch in den Gliedern, und ich kann jetzt besser verstehen, warum sie immer so zurückhaltend war und so ängstlich." In der weiteren Therapie wurde deutlich, dass Ella D. den traumatischen Schrecken ihrer Mutter übernommen hatte, ihn sich "einverleibt" hatte - obwohl oder gerade weil darüber nie gesprochen worden war. Sie hatte und lebte alle Symptome einer traumatischen Erfahrung, ohne diese Erfahrung zu haben, ihr Trauma war nicht ihr eigenes, selbst erlebtes, sondern ein transgeneratives, eines, das über die Generationen hinweg weitergegeben worden war. Thomas S. kam wegen massiven Angststörungen in die Therapie. Er fand einige Quellen dieser Ängste in seiner Biografie. Dadurch veränderte sich seine Gefühlslandschaft, die nun weniger durch Angstgefühle geprägt war, und dadurch veränderten sich auch einige eingespielte Verhaltensmuster. Vieles wurde bearbeitet, Thomas S. malte sichere Orte und einen sicheren Rahmen und er malte seine Ängste: Eingesperrtsein, Dunkelheit, Enge. Er empfand es als hilfreich, die Botschaften des bildnerischen Ausdrucks zu verstehen. Die Ängste tauchten dennoch in seinen Träumen

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