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Der rote Hahn

Dresden im Februar 1945

Erschienen am 01.11.2001
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442728428
Sprache: Deutsch
Umfang: 379 S., 1 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 2.7 x 19 x 12.1 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Aus einer Fülle von Briefen, Tagebüchern, Aufzeichnungen namenloser und prominenter Zeitgenossen, aus Bildern und Dokumenten hat Walter Kempowski in jahrelanger Arbeit sein monumentales "Echolot" geschaffen. Eine bis dahin noch nie geleistete Rekonstruktion von Alltagsgeschehen und historischen Ereignissen einer besonders dramatischen Epoche der deutschen Geschichte, die bei ihrem Erscheinen für Furore sorgte. Und Kempowski arbeitete weiter an seiner gewaltigen Collage, im Herbst 1999 erschien der zweite Teil des "Echolots", die "Fuga furiosa", deren Schlusspunkt die Bombardierung Dresdens bildet.Wie wohl kaum ein zweites Ereignis der deutschen Geschichte hat sich diese traumatische Erfahrung in das kollektive Gedächtnis der Nation eingegraben. Walter Kempowski nimmt dies zum Anlass, um in dem Band "Der rote Hahn" die Quellen zum 13. und 14. Februar 1945 um neues Material ergänzt zu präsentieren.

Autorenportrait

Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er besuchte dort die Oberschule und wurde gegen Ende des Krieges noch eingezogen. 1948 wurde er aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren im Zuchthaus Bautzen wurde Walter Kempowski entlassen. Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten "Deutschen Chronik", deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman "Tadellöser & Wolff" eröffnete und 1984 mit "Herzlich Willkommen" beschloss. Kempowskis "Deutsche Chronik" ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der "Chronik" korrespondierende zehnbändige "Echolot", für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ.Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie. Er gehört zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Seit 30 Jahren erscheint sein umfangreiches Werk im Knaus Verlag.

Leseprobe

ASTNACHTDr. Theodor Morell 1886-1948 Berlin/Reichskanzlei13.35 Uhr mittags: Traubenzucker und Betabion forte i.v. - F?hrer ist etwas eigenartig zu mir, kurz und in ver?erter Stimmung.Adolf Hitler 1889-1945 BerlinPolitisches Testament Es ist das Verdienst des Nationalsozialismus, da?er zum ersten Mal die j?dische Frage realistisch angepackt hat.Die Juden haben den Antisemitismus immer selbst ausgel?st. Im Laufe der Jahrhunderte reagierten die nichtj?dischen V?lker, von den ?yptern bis zu uns, auf die gleiche Art. Es kommt ein Augenblick, da sie der Ausbeutung durch den j?dischen Betr?ger m?de werden. Dann geraten sie in Erregung, wie ein Tier das Ungeziefer absch?ttelt. Sie reagieren immer heftiger und zuletzt kommt es zur Emp?rung. Es ist dies eine Art instinktiver Abwehrreaktion, eine Reaktion der Abneigung gegen?ber dem Fremden, der sich nicht anpa?, sondern der Verschmelzung widersetzt, der sich abschlie? und zugleich aufdr?t, der einen ausn?tzt. Der Jude ist seinem Wesen nach der Fremde, der sich nicht angleichen kann und nicht angleichen will. Darin unterscheidet er sich von den anderen Fremden: er beansprucht Rechte als Glied der staatlichen Gemeinschaft und bleibt doch ein Jude. Er h? es f?r ein ihm zustehendes Recht, solcherart eine Doppelrolle zu spielen, und steht mit dieser Unverfrorenheit in der Tat einzig da in der Welt.Die Lage in Ostpreu?n ist geradezu f?rchterlich geworden. Wir k?nnen unsere Trecks kaum noch bewegen; sie liegen fest und es stehen auch nur ungen?gend Nahrungsmittel zur Verf?gung, um sie zu ern?en. Das Fiasko der ostpreu?schen Trecks wird haupts?lich der Partei in die Schuhe geschoben, und man schimpft auf die Parteif?hrung in Ostpreu?n nach Strich und Faden. Ich glaube auch, da?Teile der ostpreu?schen Partei ihrer Aufgabe nicht gewachsen gewesen sind. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, da?der Einbruch in Ostpreu?n so pl?tzlich kam, da?man die Menschen gar nicht mehr wegf?hren konnte.Die Truppe ist auch in Ostpreu?n stark angeschlagen. Ich entnehme das einem Bericht von Heysing, der gerade aus dem ostpreu?schen Raum nach Berlin gekommen ist. Vor allem hat die Truppe au?rordentlich schwere Blutverluste erlitten, was nat?rlich immer sehr deprimierend auf die Moral wirkt. Dr. Rudolf Semler 1913Berlin/PropagandaministeriumDer Luftkrieg wird immer schrecklicher. Hitler hat noch keine einzige der bombardierten St?e besucht; er hat in Berlin vielleicht die Strecke vom Anhalter Bahnhof bis zur Reichskanzlei gesehen - mehr nicht. Die Leute in seiner Umgebung sagen, da?er nie Berichte ?ber die zerst?rten St?e liest.K?rzlich schickte ihm Goebbels ein Album mit Fotografien von zerst?rten und besch?gten Denkm?rn und ber?hmten Geb?en. Bormann sandte das Album zur?ck mit einer Notiz, die besagte, da?der F?hrer nicht mit derartig belanglosen Angelegenheiten bel?igt werden m?chte.Hitlers irrsinnige Hoffnung, da?die Feinde sich untereinander zerstreiten, ehe sie Deutschland verw?sten, l? ihn mit voller ?erzeugung weitermachen. Der Urheber dieser Theorie ist nat?rlich Goebbels. Die Spannungen zwischen den Alliierten ermuntern zu diesem weit verbreiteten und sehr beliebten Glauben. Joseph Goebbels 1897-1945 BerlinEr wirkt geradezu aufreizend, wenn in Moskau erkl? wird, die sowjetische Soldateska habe sich im deutschen Reichsgebiet keinerlei Greueltaten zuschulden kommen lassen, im Gegenteil, ihre Disziplin b?rge f?r ein humanes Auftreten; sie verteidige nicht nur das Vaterland, sondern auch die menschliche W?rde. Wort und Papier sind geduldig; aber wie die Sowjets es mi?rauchen, das ?berschreitet alle bisherigen Vorstellungen. Da?die blutr?nstigste Diktatur, die es je in der Geschichte gegeben hat, sich mit einem derartigen liberalhumanit?n Phrasement umgeben kann, das steht in der Weltgeschichte einzig da.Au?rdem berichten die sowjetisch[e]n Nachrichten[b?]ros, da?unsere Bev?lkerung in den besetzten Ostgebieten sich vorerst einmal an die bolschewistische Soldateska heranzuschmei?n versuche. Sie wende sich Leseprobe

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